Anmerkung zum „Raubrittertum“

Für eine Fußnote wäre nachfolgendes dann doch zu umfangreich, daher die Ergänzung also hier:

Die Lesart „Raubrittertum“ entstammt nach Auffassung des einen oder anderen Historikers womöglich einem affirmativen Geschichtsverständnis, welches die Übernahme der Markgrafen- und Kurfürstenwürde durch die Hohenzollern zusätzlich legitimieren sollte. Und selbst den Freunden eines deutschen Nationalstaates kam diese Episode gelegen, um die „historische“ Eignung eines Hohenzollern auf dem neuen Kaiserthron von 1871 zu untermauern.

Man kann die Geschehnisse in der Mark beim Wechsel vom 14. ins 15. Jahrhundert auch aus einer anderen Perspektive, sagen wir mal „brandenburgischer“, betrachten. Mit dem Aussterben der Brandenburger Askanier 1320 und der Nichtberücksichtigung einer askanischen Nebenlinie kamen mit den Wittelsbachern und den darauf folgenden Luxemburgern Häuser in Brandenburg an die Macht, die die Mark vornehmlich als Möglichkeit zur Finanzierung ganz anderer Interessen betrachteten, meist über Statthalter regierten, selten vor Ort waren und sich auch sonst kaum um die Mark und ihren Ausbau zu kümmern gedachten.

Zu den Finanzierungsmöglichkeiten gehörte auch die Verpfändung von landesherrlichem Besitz oder ganzer Markgrafschaften. Als ein solcher Pfand soll auch die Burg Beuthen gedient haben (obwohl diese nicht landesherrlich war). Wann und an wen genau die Burg ursprünglich verpfändet/verkauft oder ob sie gegebenenfalls mehrfach verpfändet wurde ist nicht klar. So könnte auch schon Henning von Ziesar die Burg als Pfand erstanden haben; aber das ist nur Spekulation. Mittlerweile kann man aber gemäß einiger Historiker zumindest davon ausgehen, daß die Lesart, daß der zunächst nur als Verwalter eingesetzte Burggraf von Nürnberg, Friedrich VI., die verpfändeten Burgen ohne tatsächliche Rückzahlung des Pfandes wieder in die Herrschaft des Brandenburger Markgrafen Sigismund bringen sollte, nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen ist. Statt Ausszahlung gab es wohl oft nur Schuldscheine oder die Aussischt auf Steuereinnahmen bestimmter Orte. Leicht nachvollziehbar, daß der märkische Adel mit dieser Art des Auslösens nicht immer ganz einverstanden war. So gesehen könnten die so genannten Raubritter lediglich ein berechtigtes Interesse verfolgt haben, nämlich ihren Pfand zurückzuerhalten. ja, da wären noch die Plünderungen, die dann wieder zum Bild des Raubrittertums paßten, aber es wird auch berichtet, daß selbst die mit dem Burggrafen verbündeten Magdeburger Ritter in den Dörfen ihrer Verbündeten auf Raubzug gingen, vermutlich eine gängige Freizeitbeschäftigung zur Finanzierung einer militärischen Aktion und zur Beschwichtigung der beteiligten Ritterschaft. Der Burggraf von Nürnberg und Verwalter der Mark Friedrich VI – der zu dieser Zeit treu zum Hause Luxemburg stand – könnte also dem noch amtierenden Brandenburger Markgrafen Sigismund, seit 1387 auch König von Ungarn und Kroatien und seit 1411 dann auch heilig-römischer König, die eigentlich schuldige Rückzahlungen erspart haben. Das Geld steckte gut möglich und dann ebenso unwiederbringlich in den Erlangungen der verschiedenen Königswürden. Als Dank dafür wäre die Belehnung mit der ausgesaugten Mark ein billiger Preis gewesen.

Zumindest scheint möglich, daß das überlieferte Bild des Raubrittertums vielleicht nicht ganz so eindeutig sein könnte, wie man gemeinhin annimmt. Und auch die Zugehörigkeit der märkischen Ritterschaft zu den einzelnen Lagern ist interessant. Beim Entsatz der Burg Trebbin im April 1413 kämpften die Quitzows wohl noch an der Seite des Nürnberger Burggrafen, bei den folgenden Aktionen ging es dann aber gegen Burgen, die oft den Quitzows verpfändet oder verkauft wurden oder anderweitig legitimiert in den Quitzowbesitz gelangten.

  • Burg Rathenow: 1409 durch den Brandenburger Markgrafen Jobst* v. Luxemburg an die Quitzows verpfändet,
  • Burg Friesack: 1409 durch Jobst an die Quitzows verkauft
  • Burg Plaue: 1400 als Mitgiftpfand an die Quitzows gelangt
  • Burg Beuthen: 1410 an die Quitzows gelangt, hier vermutlich tatsächlich rechtlich anfechtbar

*Jobst selbst erhielt die Mark 1388 zunächst auch nur als Pfand von seinem Vetter Sigismund, als dieser die Pfandsumme nicht zurückzahlte/zurückzahlen konnte. wurde Jobst offiziell mit der Mark belehnt und Markgraf

Literaturtipp:
Lutz Partenheimer/André Stellmacher – Die Unterwerfung der Quitzows und Beginn der Hohenzollernherrschaft über Brandenburg, Potsdam 2014, ISBN 978-3-88372-103-3
Dr. Clemens Bergstedt – Die Quitzows im Bild der märkischen Geschichte, Berlin 2011, ISBN 978-3-93038-862-2